Kindern eine Stimme geben

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Heute war ein wunderbares Mädchen bei mir in der Praxis. Alle Kinder sind wunderbar, einzigartig, liebevoll und liebenswert. Nur vergessen wir das manchmal im Alltagstrubel.

 

Ich möchte etwas über dieses Mädchen erzählen und vielleicht erkennst du darin dein eigenes Kind und dich als Mama oder Papa.

 

Dieses Mädchen spürt seine Umgebung sehr gut. Sie nimmt die Stimmung der Mitmenschen wahr, saugt sie regelrecht auf wie ein Schwamm und fühlt sich dann für diese Mitmenschen verantwortlich. Nicht nur für die kleine Schwester und die Eltern, sondern auch für die Grosseltern, die Nachbarn, die Klassengspändli, die Lehrerin....Alle könnten ja irgendwie Hilfe gebrauchen. So wie ihr geht es vielen Kindern und auch vielen Erwachsenen. Und irgendwann wird es dann einfach zu viel, man ist überfordert, kommt an seine Grenzen und dann können die Symptome, welche sich dann zeigen, vielfältig sein. Bei diesem Mädchen war es, dass sie nicht mehr schlafen konnte und am Tag immer mal wieder Wutanfälle und auch "Traurigkeitsanfälle" hatte, ohne richtig ersichtlichen Grund von aussen.

 

Als Erstes sehen wir dann die Symptome und möchten diese so schnell wie möglich wieder loshaben. Wer hat schon gerne ein wütendes Kind? Aber genau darum gehts. Die Wut zuzulassen, ihr Raum geben, dahinter zu kommen, woher die Wut kommt.

Was bringt das Kind in so eine Überforderung, dass es wütend wird?

 

Dieselbe frage gilt auch für dich als Mama.

Was am Verhalten deines Kindes bringt dich so in eine Überforderung, dass du laut werden musst?

 

Verschiedene Umstände haben zu diesen Mustern geführt und diese gilt es zu erkennen. Aber alleine kam das kleine Mädchen da nicht raus und in solchen Momenten sind wir Eltern in der Verantwortung, unsere Kinder zu unterstützen. Ihnen Hilfe anzubieten, mit ihnen eine Möglichkeit zu suchen, dass sie entlastet werden. Und sehr häufig, wie auch in diesem Fall hier, bestand ein grosser Teil der Lösung darin, dass die Eltern die Verantwortung für ihre eigenen Themen übernehmen. Dass ihnen bewusst wird, wo ihr Kind in die Bresche springt wenn sie selber die Augen verschliessen.

Es reicht nicht dem Kind nur zu sagen: Du musst das nicht übernehmen.

Wenn Mama und der Papa es nicht selbst wirklich übernehmen und in die Verantwortung kommen, bleibt dem Kind nichts anderes übrig als gleich wieder einzusteigen und zu übernehmen.

 

Aus Liebe

Liebe Eltern: Kinder sind nicht dumm. Die merken wenn wir ihnen etwas einfach nur erzählen und wir nicht bereit sind, wirklich hinzuschauen. Also, nehmt eure Kinder ernst. Schaut hin, was sie euch mit ihrem Verhalten erzählen und aufzeigen wollen. Und wenn ihr es nicht selbst herausfindet, holt euch Hilfe. Sie machen es nicht um uns zu ärgern. Sie machen es aus Liebe. Sie wollen, dass wir unsere Schattenthemen anschauen, damit es hell, leicht und freudig wird in unserem Leben. Denn genau deshalb sind wir doch auf dieser Erde.

 

Das wunderbare Schlussbild

Das Mädchen von heute hat sich mit zwei Wolldecken eine liegende Acht gelegt. In eine Schlaufe hat sie sich gestellt und in die andere ist ihre Mama gestanden. So konnte sie ihren Raum sehen, fühlen und begreifen. Sie hat aber auch gesehen dass, egal in welche Richtung sie sich dreht, die Verbindung zur Mama bestehen bleibt. Und sie hat auch gespürt, dass die Mama auch ihren eigenen Raum hat und dass sie da nicht hinein muss. Der gehört der Mama.

 

Pötzlich sagte sie: "Ich bin sooo müde."

Ja, das ist etwas, was ich immer wieder erlebe. Wenn ein Muster, ein Verhalten oder ein Glaubenssatz sich klärt und er nicht mehr gehalten werden muss, kommt zuerst eine gewisse Erschöpfung. Erfahrungsgemäss kann ich sagen, dass dies meist relativ kurz dauert, manchmal bis wenige Tage. Danach kommt die Kraft und Energie zum Vorschein, welche wirklich in einem steckt. Die Energie, welche durch die Muster und Glaubenssätze blockiert war.

 

Arbeit mit Kindern

Wenn ich so mit Kindern arbeite drücke ich in verbaler Sprache aus, was Kinder fühlen. Oft können sie es nicht selber in Worte fassen, aber wenn ich es ausspreche sieht man den Kindern die Erleichterung gleich an. Diese nonverbale Kommunikation mit Kindern ist so wunderbar und beschert mir immer wieder Glücksmomente in meinem Leben.

 

Wo übernimmst du Verantwortung für Andere, welche nicht deine ist? Mit welcher Ausrede hälst du daran fest?

Kennst du so Aussagen wie:

  • Ja, das gehört sich so.
  • Das wurde immer so gemacht.
  • Ich habe halt zu wenig Geld, sonst würde ich.....

Wo übernimmt dein Kind Verantwortung für dich weil du nicht selber hinschauen willst? Vielleicht hat es sogar schon die gleichen Symtome, welche du schon hattest als Kind?

Dann sagen wir auch so gerne:

  • Ja, das hatte ich auch schon.
  • Das ist halt so.
  • Das liegt in der Familie.

 

Hey, wach auf. Das muss nicht sein. Das kann durchbrochen werden indem du hinschaust, warum es so ist und warum du so denkst. Es liegt in deinen Händen herauszufinden, was danach kommt.

 

Ich sage nicht, dass es einfach ist. Auch ich bin immer wieder dran herauszufinden, was mich noch hindert, wo ich blockiert bin. Bin daran, immer mehr mein Leben zu leben und nicht mehr das, was andere für richtig halten. Es lohnt sich auf jeden Fall, auch wenn es nicht immer lustig ist.

©Carla Wey Küng, www.praxis-im-gruenen.ch

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